Mikrobiom der Wurzelscheide

Auxin-produzierende Bakterien fördern den Gerstenertrag bei Trockenheit

09.10.2023 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Gerste profitiert bei Trockenheit von bestimmten Bakterien in der Wurzelscheide. (Bildquelle: © NickyPe / Pixabay)

Gerste profitiert bei Trockenheit von bestimmten Bakterien in der Wurzelscheide. (Bildquelle: © NickyPe / Pixabay)

In der Wurzelscheide leben besonders viele Mikroorganismen. Mindestens zwei von ihnen fördern deren Größe und tragen so unter anderem dazu bei, dass Pflanzen bei Trockenheit länger an Wasser kommen. Das steigert auch den Ertrag.

Die Wurzelscheide ist ein Paradies für Mikroorganismen. In dieser Bodenschicht sind Bodenpartikel regelrecht mit den Pflanzenwurzeln „verklebt“ und Bakterien und Pilze finden hier dank der Wurzelabsonderungen eine reichhaltige Nährstoffversorgung. Pflanzenforscher:innen konnten nun am Beispiel der Gerste zeigen, dass einige Bakterien das Wachstum der Wurzelhaare anregen und damit die Wurzelscheidenbildung fördern. Reguliert wird ihre Bildung von genetischen Eigenschaften der Pflanze sowie von Umweltfaktoren. Von letzteren ist neben der Bodenfeuchtigkeit vor allem der pH-Wert bedeutsam, weil er mit beeinflusst, welche Bakterien sich ansiedeln können.

Wurzelscheide bietet Schutz bei Dürre

Die Pflanze profitiert von Wurzelscheiden, weil diese ihre Wurzeln vor physikalischen Widerständen im Boden schützen, die Produktivität steigern und die Wasseraufnahme in Dürrephasen verbessern. Denn in trockenfallenden Böden bleibt die Wurzelscheide feuchter als der umgebende Boden. Das führt außerdem dazu, dass der Boden bei Dürre weniger in sich zusammenschrumpft und dadurch keine schädlichen Lufträume entlang der Wurzeln entstehen.

Weil Gerste eine recht hohe Dürretoleranz hat, dient sie der Forschung in dieser Hinsicht als Modellpflanze. Auch in der neuen Studie diente sie dazu, die Zusammenhänge im Dreiklang Bodenfeuchte, pH-Wert und Mikrobiom der Wurzelscheide zu analysieren. Dabei verglich das Team zunächst Pflanzen, die keine Wurzelhaare ausbilden, mit dem Wildtyp. Wie erwartet entwickelte letzterer größere Wurzelscheiden. In moderat trockenen Böden war dieser Unterschied deutlich stärker ausgeprägt als in ausreichend gewässerten Böden. In moderat trockenen sauren Böden entwickelte der Wildtyp zudem noch einmal 159 Prozent größere Wurzelscheiden als in moderat trockenen alkalischen Böden.

Mikrobiom beeinflusst Länge der Wurzelhaare

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Sogar der Kornertrag der Gerste kann durch bestimmte Bakterien in der Wurzelscheide gesteigert werden.

Sogar der Kornertrag der Gerste kann durch bestimmte Bakterien in der Wurzelscheide gesteigert werden.

Bildquelle: © Rasbak / Wikimedia / CC-BY-SA-3.0-migrated

Welche Rolle spielen dabei Mikroorganismen? Die Forscher maßen dazu die Länge der Wurzelhaare in moderat trockenen natürlichen und sterilisierten Böden. In natürlichen sauren Böden wuchsen die Wurzelhaare 18 Prozent länger als in sterilisierten Böden. In alkalischen Böden betrug der Effekt immerhin noch 9 Prozent. Generell bildete der Wildtyp in sterilisierten Böden deutlich kleinere Wurzelscheiden. Übertrugen die Forscher das Mikrobiom aus dem sauren in den alkalischen Boden, vergrößerten sich die Wurzelhaare und Wurzelscheiden des Wildtyps um 48 bzw. 75 Prozent. Auf die Wurzelscheiden der Gerstenmutante ohne Wurzelhaare hatte der pH-Wert der sterilisierten Böden keinen Effekt.

Da diese Befunde auf einen kausalen Zusammenhang zwischen Mikrobiom und Wurzelhaaren sowie Wurzelscheiden hindeutet, analysierte das Team anhand von 16S-rRNA-Sequenzierungen, welche Mikroben dabei maßgeblich sein könnten. Generell dominierten in der Wurzelscheide bei Wildtyp wie Mutante die Stämme Proteobacteria, Actinobacteria, Gemmatimonadota, Firmicutes, Bacteroidota und Chloroflexota. Allerdings gab es je nach pH-Wert deutliche Unterschiede. In saurem Boden waren beim Wildtyp Gemmatimonadota, Firmicutes und Bacteroidota besonders prägend. Weitere Analysen ergaben, dass insbesondere das Vorkommen der Familien Flavobacteriaceae und Paenibacillaceae stark durch pH-Wert und Bodenfeuchte beeinflusst wurde.

Größere Wurzelscheiden gehen auf zwei Bakterienarten zurück

Für ein noch genaueres Bild erzeugte das Team Metagenom-assemblierte Genome und identifizierte dabei 122 Bakterien und 2 Archaea. Metatranskriptom-Analysen der Familien Flavobacteriaceae und Paenibacillaceae lenkten die Aufmerksamkeit der Forscher:innen auf einen Stoffwechselweg, der mit Indol-3-Acetat (IAA) assoziiert ist, ein häufiges Auxin. Einige Arten dieser Familien zeigten in moderat trockenen sauren Böden hier auffällig hohe Genaktivitäten. Weitere Untersuchungen ergaben, dass 113 Stämme dieser Familien in sauren Böden nachgewiesen werden konnten, aber nur 111 von ihnen in alkalischen Böden.

Die beiden Stämme, die nur in sauren Böden gefunden wurden, waren Chryseobacterium culicis und Paenibacillus polymyxa – und beide Stämme können IAA herstellen. Inokulierten die Forscher die Wurzelscheide mit diesen Bakterien, verlängerten sich die Wurzelhaare der Gerste signifikant und entsprechend auch die Größe der Wurzelscheiden in sauren und alkalischen Böden. Behandelte das Team die Wurzelscheide mit einer Chemikalie, die Auxin-Transporter inhibiert, blieb dieser Effekt weitgehend aus. Gleiches galt, wenn die Forscher Bakterien nutzten, in denen die IAA-Synthese genetisch ausgeschaltet worden war.

Einfluss auch bei anderen Nutzpflanzenarten

Zusammengefasst konnte das Team damit zeigen, dass insbesondere Chryseobacterium culicis und Paenibacillus polymyxa das Wachstum der Wurzelscheide fördern, und das vermutlich in Zusammenhang mit der Bildung von IAA. Diese Beobachtung ließ sich zudem im Feldversuch bestätigen. Dort zeigte sich dann auch eine weitere Konsequenz: Gerste, die mit diesen beiden Stämmen inokuliert wurde, bildete deutlich mehr Ähren und produzierte je nach Standort zwischen einem Viertel und einem Drittel mehr Kornertrag. Da andere Studien ebenfalls positive Effekte dieser Stämme bei anderen Kulturpflanzen gezeigt haben – unter anderem Tomate, Lupine und Reis – könnte eine künstliche Beeinflussung des Mikrobioms der Wurzelscheide ein wichtiger Ansatzpunkt für künftige Ertragssteigerungen von Nutzpflanzenarten sein.


Quelle:
Xu, F., et al. (2023): Auxin-producin bacteria promote barley rhizosheath formation. In: Nature Communications, 14, 5800 (19. September 2023). doi: 10.1038/s41467-023-40916-4

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Titelbild: Gerste profitiert bei Trockenheit von bestimmten Bakterien in der Wurzelscheide. (Bildquelle: © NickyPe / Pixabay)